„Ich bin Erbe geworden – und nun?“ Was Ihnen ein Erbscheinbringt und wann Sie ihn benötigen.

Stellen Sie sich vor, Sie werden Erbe und der verstorbene Erblasser hat Ihnen Bankkonten und
Immobilien hinterlassen. Als Erbe haben Sie neben der Trauerbewältigung den Kopf nur schwerlich für
rechtliche Fragestellungen frei. Dennoch gilt in den meisten Fällen: Ohne Nachweis über die
Erbenstellung können Sie weder über Konten noch über Grundstücke verfügen. Ein
Erbnachweis sollte daher zeitnah beschafft werden. Wie geht es also weiter?

Mit dem Tod eines Menschen geht dessen gesamtes Vermögen automatisch auf seine Erben über. Für
außenstehende Dritte ist allerdings nicht ohne Weiteres erkennbar, wer Erbe des Verstorbenen ist.
Für diese Außenstehenden ist es im Grunde unmöglich, selbst nachzuvollziehen, ob es ein Testament
oder gar mehrere gibt oder wer ansonsten zu den gesetzlichen Erben des Verstorbenen zählt.
Behörden, Banken und sonstige Nachlassschuldner verlangen deshalb regelmäßig einen Nachweis der
Erbenstellung.

Um diesen Nachweis erbringen zu können, steht den Erben zuallererst der Erbschein zur Verfügung.
Der Erbschein ist ein vom Nachlassgericht ausgestellter Ausweis darüber, wer Erbe ist, wie groß der
Erbteil der jeweiligen Erben ist und ob Beschränkungen bestehen. Zuständig für die Erteilung des
Erbscheins ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten
gewöhnlichen
Aufenthalt hatte.

Den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins können Sie sowohl bei Gericht als auch bei einer Notarin
oder einem Notar Ihrer Wahl stellen. Ist kein Testament vorhanden, benötigen die Erben bei
Antragsstellung zum Nachweis der Erbenstellung die Sterbeurkunde und Urkunden, die das
Verwandtschaftsverhältnis mit dem Verstorbenen nachweisen (insbesondere Heirats- oder
Geburtsurkunde). Ist ein Testament vorhanden, ist dieses vorzulegen. Sind mehrere Personen Erben,
so müssen nicht alle Erben den Erbschein gemeinschaftlich beantragen. Vielmehr genügt es, wenn ein
Miterbe den Antrag stellt.

Natürlich kann es auch dazu kommen, dass sich später herausstellt, dass der Erbschein falsch ist –
etwa weil ein bislang unbekanntes Testament plötzlich auftaucht. Tim Hofmann, Geschäftsführer der
Notarkammer Sachsen, erläutert das Verfahren in diesem seltenen Fall: ,,Dann erklärt das
Nachlassgericht den Erbschein für ungültig und zieht ihn ein.“ Und was passiert, wenn die Erbschaft
bereits unter den vermeintlichen Erben aufgeteilt und teilweise sogar an Dritte veräußert wurde?
,,Dann,“ so Hofmann, ,,können sich Dritte darauf berufen, dass sie auf den Inhalt des Erbscheins
vertrauen durften. Die vermeintlichen Erben müssen jedoch die Erbschaft einschließlich etwaiger
Verkaufserlöse an die wahren Erben herausgeben. Sie können sich nicht darauf berufen, dass der
Erbschein sie als Erben ausgewiesen
hat.“

Ist das Testament nicht nur handschriftlich verfasst, sondern notariell beurkundet, so ist der
Nachweis deutlich leichter. Der Erbschein ist dann in aller Regel entbehrlich. Das notarielle
Testament zusammen mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll genügt regelmäßig als Erbnachweis
gegenüber Grundbuchämtern, Registern, Behörden, Versicherungen und Banken. ,,Ein gesonderter
Erbschein kann nur dann gefordert werden, wenn konkrete Zweifel an der Erbenstellung bestehen“,
erläutert
Hofmann.

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